Das bedrängte Paradies Lobau
Die Dokumentarfilmerin Ulli Gladik und der Autor Robert Eichert hatten mich eingeladen, bei jeweils einer ihrer Arbeiten über die Lobau mit meinen Fotografien dabei zu sein. Die gemeinsamen Dreharbeiten mit Ulli Gladik und ihrem Team, als einer der Protagonisten in ihrem Lobau-Film, erwiesen sich für mich als eine der schönsten Erfahrungen von Teamgeist und professionellem Schaffen; Ulli stets fokussiert, ihre Fühler nach allen Seiten gerichtet, dabei immer empathisch und aufmerksam im Umgang mit Menschen.
Ulli Gladik ist als Regisseurin und Dokumentarfilmerin längst eine Größe. Man kennt von ihr sozial- und gesellschaftskritische Filme wie Inland, Global Shopping Village und Natasha, einen Film über eine bulgarische Bettlerin in Graz, oder das originelle Kurzvideo für das Wien Museum Was machen Sie nach dem Sex. Ulli Gladik hat es auch verstanden, auf hohem Niveau und noch dazu kitschfrei, eine Dokumentation über die Wiener Fiaker*innen zu gestalten. Ihr Film Die Lobau – Dschungel der Wiener*innen ist, über seine Qualität hinaus, vor allem eines: Eine Liebeserklärung an diese Urlandschaft am Rande der Großstadt, an deren bedrohte Artenvielfalt an Tieren, Pflanzen – und auch Menschen dort.
Der Privatforscher Robert Eichert ist einer jener Visionäre, die sich seit langem für die Erhaltung dieses Paradieses einsetzen. Mit ihm durfte ich eine geführte Wanderung durch das Naturschutzgebiet unternehmen – eine wunderbare Mischung von rhetorischer Brillanz, Sachkenntnis und Witz. Sein Buch über die Lobau ist am besten Weg, sich zu einem Longseller zu entwickeln!
Seine aktuelle Ausstellung „Die Lobau – eine historische Bilderreise“, welche bis in die Gegenwart reicht, stellt eine spannende Ergänzung zu diesem Buch dar. Meine Teilgabe dazu, Fotos von den Nackerten an der Dechantlacke, kann bereits als historisch angesehen werden, wurden diese doch in den 1980-er Jahren aufgenommen; es war meine erste Arbeit als „Autorenfotograf“ – und ein Versuch, Nacktheit frei von Sexismus darzustellen. Zu sehen von 5. März bis 26. Oktober 2025 im Nationalparkhaus wien-lobAU und in der Nationalpark Forstverwaltung Lobau zu deren Öffnungszeiten sowie outdoor jederzeit – am Zaun des Nationalparkhauses und am Rastplatz beim Trinkbrunnen in der Oberen Lobau.
Am 10. Februar 2025 hatte die Initiative “Esslinger für die Lobau” im Rahmen ihrer Vortrags- und Gesprächsreihe einen hochrangigen Experten für Bodenverbrauch und Flächenfraß geladen: Univ. Prof. Gernot Stöglehner. Die an diesem Abend vorgetragenen Fakten sind beängstigend – die Lobau, ein Refugium für die Artenvielfalt und ein hochwertiges Erholungsgebiet, ist in höchstem Maße bedroht. Zum einen durch rasante, menschengemachte Austrocknung und Verlandung der Gewässer, andererseits durch das umwelt- und gesundheitsschädliche Betonprojekt Lobau-Autobahn. Dieses bedroht nicht nur das Naturschutzgebiet, sondern auch das Umland. – In den vergangenen 25 Jahren hat Österreich durch Verbauung fast 1500 Quadratkilometer fruchtbare Böden verloren. Das entspricht der Agrarfläche des Burgenlandes. – Allein durch die geplante Lobau-Autobahn würden zunächst weitere 178 Hektar hochwertigen Ackerlands vernichtet werden. Während der mehrjährigen Bauphase sollen dann insgesamt sogar 340 Hektar beansprucht werden. Das ist drei Mal die Fläche des achten Wiener Gemeindebezirks.